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Die Fakultät trauert um Hans J. Specht

Die Fakultät trauert um Prof. Dr. Hans J. Specht, * 6. Juni 1936 † 20. Mai 2024, der im Alter von 87 Jahren verstorben ist. Hans Specht war ein international anerkannter Wissenschaftler, ein begeisterter und inspirierender Hochschullehrer und ein geschätzter Kollege. Er begann seine Karriere 1956 mit dem Studium der Physik an der Universität München und der ETH Zürich, wo er 1962 bei Heinz Maier-Leibnitz promovierte und 1964 seinen Doktortitel erhielt. Nach einer zweijährigen Assistententätigkeit von 1964 bis 1965 und einem Auslandsaufenthalt im kanadischen Chalk River AECL-Labor von 1965 bis 1968 kehrte er 1969 an den Fachbereich Physik der Universität München zurück, zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, zwei Jahre später, nach seiner Habilitation 1970, als Wissenschaftlicher Rat und Professor. 1973 wurde er als ordentlicher Professor an das Physikalische Institut in Heidelberg berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004 tätig war.


Seine Forschung begann mit Arbeiten zur Atom- und Kernphysik. Ein viel beachteter Höhepunkt war die Identifizierung einer Rotationsbande in 240Pu im Jahr 1972, mit der erstmals die extreme Verformung eines Isomers kurz vor der Spaltung nachgewiesen werden konnte. Im Zuge dieser Untersuchungen entwickelte Hans Specht mehrere verschiedene Großdetektoren zum Nachweis von Spaltfragmenten und Reaktionsprodukten von Schwerionenkollisionen und wurde damit zu einem der führenden Experimentatoren auf dem neu konstituierten Gebiet der "Schwerionenphysik" mit Experimenten am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und an der neu gegründeten Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt.

In den frühen 1980er Jahren richtete er seine Forschungsziele auf die höheren Energien aus, die am CERN, dem europäischen Forschungszentrum in Genf, zur Verfügung stehen. Seine Beiträge und seine Fürsprache waren zusammen mit einer Handvoll anderer enthusiastischer Befürworter entscheidend für die Einrichtung des Schwerionenprogramms am SPS-Beschleuniger des CERN, das 1984 genehmigt wurde. Hans Specht wurde Sprecher des Schwerionenexperiments der ersten Generation Helios/NA34-2 (1984-1988), Initiator und Sprecher des Experiments der zweiten Generation CERES/NA45 (1988-1993) und ein entscheidender Unterstützer und Mentor für das ALICE-Experiment der dritten Generation am Large Hardon Collider LHC. Zunächst mit Ceres und später als treibende Kraft hinter dem Physikprogramm des NA60-Experiments (ab 2003) gelang es ihm, thermisch erzeugte Dileptonenpaare nachzuweisen, eines der wohl schwierigsten Signale aus Schwerionenkollisionen, das sich als entscheidend für die Existenz und die Eigenschaften des Quark-Gluon-Plasmas als Bestandteil der Urknallmaterie erwies. Die Qualität und Relevanz seiner Dilepton-Messungen sind auch fast zwei Jahrzehnte später noch unübertroffen. Mit seiner tatkräftigen Unterstützung und Weitsicht wurden die Teams der GSI und der benachbarten Universitäten zusammengestellt, die maßgeblich an der Konstruktion und Durchführung des Vorzeigeexperiments ALICE am Large Hadron Collider beteiligt waren.

Unabhängig von seinen Forschungen in der Kern- und Teilchenphysik arbeitete Hans Specht auch mit Hans-Günter Dosch aus Heidelberg an der Physik der Musikwahrnehmung und der Musikinstrumente. Neben zahlreichen Vorträgen und Präsentationen auf Symposien hat diese Arbeit zu zwei viel beachteten wissenschaftlichen Publikationen in Nature Neuroscience geführt.

Zukunftsweisende Impulse für die Kern- und Teilchenphysik gab Hans Specht auch als wissenschaftlicher Geschäftsführer der GSI (1992 - 1999) und (1995 - 1999) als Mitglied des Scientific Policy Committee des CERN. Während seiner Zeit bei der GSI wurde unter seiner Leitung das erfolgreiche Tumortherapieprogramm zur Bestrahlung von (vor allem) Hirntumoren mit 12C-Ionen entwickelt, das heute im HIT-Programm des Heidelberger Krebsforschungszentrums DKFZ in der klinischen Anwendung ist. Seit 2000 ist er Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Mit Hans Specht haben wir einen engagierten Wissenschaftler verloren, der bis zuletzt an der Spitze der Forschung stand. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.